„Wie kann ich zum Thema Klimakrise aktiv werden?“ Indem ich das tue, was ich besonders gut kann: Schreiben und andere mit meiner Begeisterung anstecken. Mit diesem Blogpost möchte ich also eure Lust auf Klimaschutz wecken oder stärken und meine guten Erfahrungen teilen: Warum mir Klimaschutz jeden Tag schmeckt und weniger mit Verzicht zu tun hat als viele meinen.
Demonstrieren gehen und Haltung zeigen
Motiviert zu diesem Beitrag hat mich ein Workshop zur obigen Frage von Katja Flinzner aus meinem Netzwerk Texttreff. Sie hat ihn auf der re:publica mitgemacht und danach beschlossen, sich mehr reinzuhängen; zum Beispiel, möglichst viele Leute zum Demonstrieren am 15. September zu mobilisieren. Dann ist der nächste globale Klimastreik und also DIE Gelegenheit, die Politik friedlich, aber laut und sichtbar, an die Einhaltung der Klimaschutzziele zu erinnern.
Das bringt doch alles sowieso nichts? Doch, das kann etwas bringen. Und zwar dann, wenn ein sozialer Kipppunkt bzw. eine kritische Masse erreicht wird. Die liegt bei 3,5 Prozent der Bevölkerung, wie die Politikwissenschaftlerin Erica Chenoweth erforscht und herausgefunden hat. Bei uns wären das also rund 3 Millionen Menschen. „Klingt nicht so furchtbar viel, oder?“ fragt Katja in ihrem Blogpost Warum ist es wichtig, für mehr Klimaschutz zu demonstrieren, den ich euch wärmstens ans Herz lege. Darin begründet sie, warum wir auf die Straße gehen sollten und verlinkt noch dazu ganz praktische Tipps, zum Beispiel zum Plakate-Basteln.
Beim Essen „vom Gemüse her“ denken
Krasser Themenwechsel: Mein eigentliches Herzensthema ist natürlich die Ernährung. Leckere Rezepte, gesunde Lebensmittel, bio, regional und saisonal, Lebensmittel retten, Genuss statt Verzicht usw. Zum Glück laufe ich damit bei meinen Kundinnen und Kunden offene Türen ein und verdiene gleichzeitig Geld. Ganz oft im Fokus: Gemüse! Das bestimmt auch zuhause die tägliche Frage: „Was gibt’s heute zu essen?“ Ist Gemüse da, fällt mir direkt etwas ein oder hilft mir ein Blick ins Kochbuch oder Internet. Das Ergebnis ist dann immer irgendwie – sorry – gesund! Und immer irgendwie gut für’s Klima. Vor allem, weil bei uns fast nur noch regionales und saisonales Gemüse auf den Tisch kommt, plus Hülsenfrüchte in allen Variationen.
Ja, ich weiß, unser Selbstversorgungsgrad gibt gar nicht her, dass wir alle nur noch deutsches Gemüse essen. Und ich weiß auch, dass es einen Systemwechsel in der Landwirtschaft, eine richtig große Ernährungswende braucht. Aber das muss die Politik richten. Wenn ihr mehr zum Thema Ernährungstransformation wissen möchtet, schaut euch zum Beispiel die Zusammenfassung des Food Systems Summit 2021 an.
Die Ideen sind also da und ich gebe die Hoffnung nicht auf, bin außerdem gespannt auf die Ernährungsstrategie des BMEL. Bis hoffentlich endlich die ganz großen Hebel gestellt werden, beglücke ich aber erstmal weiter meine Familie, Nachbarn, Freunde und Verwandte mit klimafreundlichen Gemüseschmankerln und überzeuge sie von mehr Genuss mit mehr Gemüse auf dem Teller.
Letzte Flugreise 2018 – fühlt sich gut an!
Mein letzter Flug war eine recht spontane Reise nach Sardinien im Jahr 2018. Der Sohn war gerade zum Studieren ausgezogen. Die Tochter zum Auslandsschulhalbjahr in die USA geflogen (!). Seit Jahren der erste Pärchenurlaub ohne Kinder in der Nebensaison. Schön war’s.
Doch etwa zeitgleich schaffte es Greta Thunberg mit ihrem ersten Schulstreik in die Medien und löste bei vielen Menschen ein ganz neues Bewusstsein aus. Auch bei mir! Fliegen fühlte sich für mich schon immer nicht richtig an, aber jetzt schlug das schlechte Gewissen endgültig zu. Seitdem also keine Flugreise mehr. Städte- oder Geschäftsreisen in Deutschland mache ich sowieso schon lange mit dem Zug. Die erste große Urlaubsreise zu viert mit der Bahn sollte mit Zwischenstopps in Hamburg und Kopenhagen nach Stockholm gehen und ich war bei der Planung überrascht, was es für gute und schnelle Verbindungen gibt. Leider fiel dieses Abenteuer Corona zum Opfer. Das steht also noch aus. Genauso wie Zugreisen nach Spanien oder Portugal. Dazu kann ich dann auf die guten Erfahrungen unserer Kinder und Freunde zurückgreifen, die teils schon deutlich weiter sind als mein Mann und ich 😉
In diesem Jahr haben wir immerhin einen kleinen Familien-Revival-Urlaub nach Leipzig und Dresden mit der Bahn geschafft. Mit viel Bahn-Chaos wegen ausgefallener und überfüllter Züge (Deutschland-Ticket trifft Sanierungsstau), aber trotzdem unterm Strich eine gute Bilanz. Oder habt ihr schon mal ein großes Brettspiel im Auto gespielt? Klappt wunderbar auf reservierten Plätzen im Großraumwagen mit Tisch!
E-Auto und Strom vom eigenen Dach
Warum dann überhaupt noch ein Auto? Zumal unseres die meiste Zeit nur rumsteht, weil wir in Bonn fast alles mit dem Fahrrad erledigen. Aber so ganz ohne Auto können wir es uns (noch) nicht vorstellen. Wir haben uns daher gerade ein E-Auto gekauft. Mir gefällt die Vorstellung, dass wir das vor allem mit Strom vom eigenen Dach betanken werden. Denn vor zwei Jahren haben wir uns eine Photovoltaik-Anlage gegönnt. „Gegönnt“, weil die sich für uns zwei gar nicht mehr so sehr lohnen wird, wie zur Zeit als vierköpfige Familie.
Fühlt sich trotzdem sehr gut an – so wie demonstrieren und Gemüse essen. Ich gehe jetzt außerdem viel bewusster mit dem Strom im Haushalt um: Heize das Wasser zum Nudelkochen erst im Heißwasserkocher auf. Schalte die Wasch- oder Spülmaschine idealerweise tagsüber an, wenn die Sonne scheint.
Nun bin ich gespannt, wie sehr uns das neue E-Auto entspannt. Wenn wir statt mit dem Zug (oder eben Flugzeug) achtsam reisen müssen: Nicht zu schnell, um Akku zu sparen, und mit ausreichend Zwischenstopps und Tankpausen.
Klimakommunikation in meinem Job
Schließlich bin ich sehr dankbar, dass ich mittlerweile so viele Aufträge zu nachhaltigen Themen bekomme. Das liegt natürlich daran, dass eine gesunde Ernährung gleichzeitig gesund für die Erde ist. Es hat sich herumgesprochen, dass sich beides nicht trennen lässt und so verändern sich seit ein paar Jahren die Inhalte meiner Arbeit spürbar. Für meinen wichtigsten Kunden das Bundeszentrum für Ernährung arbeite ich unter anderem als Online-Redakteurin im Referat Ernährung und Klima. Um dazuzulernen, habe ich einige Bücher gelesen. Ein paar Tipps liste ich euch am Ende auf, manches gibt es sogar gratis als PDF.
Gerade lese ich das Buch „Klimaschutz ist Menschenschutz“. Was hinter dem Titel steckt, beschreibt der Autor Michael Adler so:
Der Frame Klimaschutz führt komplett in die Irre. Dem Klima ist es völlig egal, wie es sich entwickelt. Den derzeit auf der Erde lebenden Tieren und Pflanzen kann dies nicht egal sein, weil sie auf ein bestimmtes Klima evolutionär optimiert sind. Auch den Menschen kann es nicht egal sein, wie sich das Klima entwickelt, weil auch sie als Bestandteil der Biosphäre auf ein bestimmtes Klima optimiert sind und weil eine vom Menschen erhitzte Welt die Wasser- und Nahrungsversorgung von uns Menschen infrage stellt. Wenn also irgendwer geschützt werden soll, dann ist es nicht das Klima, sondern der Mensch. Klimaschutz ist Menschenschutz.
Ihr findet das spitzfindig? Mag sein, aber Fakt ist, dass Worte unser Denken und Handeln beeinflussen. Das steckt auch in dem Begriff „Framing“. Ein weiteres Beispiel ist das Wort Umwelt. Es suggeriert eine Differenzierung zwischen Mensch und Natur, die es so gar nicht gibt. Wir sind ein Teil dieser Natur oder Umwelt und daher schlagen kluge Menschen „Mitwelt“ als besseres Wording vor. Ob und was das verändern würde, hat der Philosoph Thomas Mohrs hier wunderbar pointiert aufgeschrieben: „Mitwelt“ statt „Umwelt“ – Ein Denkanstoß zum Wording in der Klimakrise.
Vielleicht sehen wir uns also am 15. September in Bonn? Oder ich erfahre von euren Aktivitäten über LinkedIn oder Instagram? Das sind die beiden Social-Media-Plattformen, auf denen ich mich am meisten bewege, und gerne noch mehr „Klima-Content“ verbreiten möchte.
Zum Weiterlesen oder Workshoppen
Über Klima sprechen – Das Handbuch
Climate Connections (inklusive „Climate-Action-Workbook“ zum Download)
Klima vor acht: Medien in der Klimakrise
Earth for All (Ein Survivalguide für unseren Planeten)
Klimaschutz ist Menschenschutz. Warum wir über die Klimakrise anders sprechen müssen.
Liebe Gabi, wow, ein super Rundumschlag zum Thema Klimaschutz. Mir gefallen besonders deine persönlichen Bezüge. Mir liegt die Klimakommunikation am Herzen. Mit Erschrecken habe ich gelesen, dass die Bereitschaft der Deutschen, sich für den Klimaschutz zu engagieren, in den letzten zwei Jahren um die Hälfte gesunken ist. Dies ist auch auf die neuen Formate des Klimaaktivismus (Stichwort Klimakleber) zurückzuführen, so die Studie von More in Common aus Berlin. Das sollten wir alle, die wir im Bereich Kommunikation unterwegs sind, wissen und in unserer Herangehensweise berücksichtigen. Meine Lesetipp „Übers Klima reden“ https://www.moreincommon.de/uebersklimareden/
Ein toller Artikel. Menschenschutz ist so viel realistischer, das ist ein gutes Reframing. Jetzt müssen wir es nur noch überall verbreiten.
Liebe Gabi,
mich hast du auf jeden Fall motiviert, mir den Termin bewusst frei zu halten und am Freitag auf die Straße zu gehen. Ich wusste tatsächlich nicht, dass 3,5 % die kritische Masse sind, die ich ja gut von der „Critical Mass“ kenne. Vielleicht gibt es ja doch Grund zur Hoffnung.
Bis Freitag
Julia
Liebe Julia, das ist schön. Wir haben ja vor Corona schon voller Hoffnung zusammen gestreikt. Und dann war irgendwie die Luft raus … Jetzt freue ich mich auf Freitag!
Liebe Gabi,
vielen Dank für deinen tollen Beitrag (im zweifachen Sinn) und die wertvollen Links und Lesetipps. Wie sehen uns am Freitag (15.9.) beim Globalen Klimastreik in Bonn, wo wir gemeinsam unsere Schilder hochhalten. Spoiler: Meins geht thematisch in Richtung Verkehrswende und RADvolution. Bis dahin liebe Grüße ☀️
Danke, liebe Simone, und bis Freitag!