Ein neues Buch zu klimafreundlichem Essen ist auf dem Markt und es bekommt fünf Sterne von mir. Denn Melanie Kirk-Mechtel ist es darin wunderbar gelungen, ihr Fachwissen zu Nachhaltigkeit, Ernährung und Schreiben ohne erhobenen Zeigefinger zu kombinieren. Wie hat sie das gemacht? Indem sie Kompliziertes verständlich erklärt und viele konkrete Entscheidungshilfen gibt. Und indem sie 79 alltagstaugliche Rezepte präsentiert, mit denen jeder und jede sofort loslegen kann.
Klimaschonend essen einfach erklärt
„Klimaschonend zu essen bedeutet, durch die Ernährung so wenig Treibhausgasemissionen zu verursachen wie möglich,“ beginnt das erste Kapitel. Dazu kommen aber noch weitere ökologische Fußabdrücke. So wirkt sich die Erzeugung von pflanzlichen oder tierischen, von konventionellen oder Bio-Lebensmitteln unterschiedlich auf die Biodiversität aus, verbraucht teils extreme Mengen an Boden und Wasser – oder eben nicht. Deswegen reicht es nicht aus, allein auf den CO2-Fußabdruck von Lebensmitteln zu schauen. Das Buch erklärt all dies auf wenigen, aber gehaltvollen und trotzdem immer verständlichen Seiten: anhand von Beispielen, mittels eingestreuter Tabellen, Grafiken, „Gut zu wissen“-Boxen und Exkursen.
Doch keine Angst vor zu viel grauer Theorie oder frustrierenden Fakten: Der Autorin ist es perfekt gelungen, die relevanten Faktoren auszuwählen, ohne sich im Kleinen zu verlieren und das Buch zu überfrachten. Denn ja, es macht Sinn, die Hintergründe der „Planetary Health Diet“ oder der „Wahren Kosten“ von Lebensmitteln zu verstehen. Aber nein, man muss nicht Wissenschaftlerin oder Wissenschaftler sein, um bei der Frage „was koche / esse ich?“ den Klimaschutz mitzudenken.
Von Gemüse bis Schokolade – Entscheidungshilfen für den Alltag
Für wen das alles neu ist, der fängt mit ersten Schritten an, ohne liebe Gewohnheiten über den Haufen werfen zu müssen. Dazu bieten die Kapitel zur Lebensmittelauswahl jede Menge Ideen in einer klugen Mischung. Sie erklären, wo die großen Hebel liegen – planzenbetont essen – und an wie vielen kleinen Schrauben sich zusätzlich drehen lässt – zum Beispiel Tomatenpüree im Tetra Pak oder Plastikbeutel kaufen statt in der Glasflasche. Woher stammen diese Empfehlungen? Aus aktuellen Untersuchungen des ifeu-Instituts oder wissenschaftlichen Erkenntnissen anderer Fachleute, auf die die Autorin verweist.
Herzstück des Buches sind die Lebensmittel-Kapitel. Hier gibt es sehr differenzierte Saisonkalender für heimisches Gemüse und Obst. Die wünsche ich mir für die 2. Auflage allerdings etwas größer und das ist tatsächlich mein einziger Kritikpunkt an diesem Buch. Es gibt einen hilfreichen Überblick über bekannte und weniger bekannte Siegel und Label. Und es gibt eine Fülle von Erklärungen und Entscheidungshilfen zu Fragen, die sich Menschen stellen, wenn sie anfangen, nachhaltiger einzukaufen, zu kochen und zu essen, zum Beispiel:
- Darf ich überhaupt noch Zitrusfrüchte essen?
- Welche Äpfel esse ich im Sommer?
- Wo bekomme ich artgerecht erzeugtes Fleisch?
- Wie gesund sind Pflanzendrinks?
- Welche klimaschonenden Alternativen gibt es zu Reis?
Im Sinne „von der Idee zur Tat“ tauchen solche Alternativen wie Haferdrink, Dinkelreis, Perlgraupen oder Hirse im Rezeptteil wieder auf.
Weniger Lebensmittel verschwenden und mehr Energie sparen
Ein eigenes Kapitel widmet sich der Lebensmittelverschwendung. Es ist unglaublich, welch riesige Mengen Lebensmittel wir Deutschen unnötig wegschmeißen – an erster Stelle Obst und Gemüse: Weil wir schlecht geplant haben, unseren Kühlschrank nicht optimal befüllen oder das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) immer noch für ein Wegwerfdatum halten. Sich hier mit Hilfe dieses Ratgebers umzustellen, ist wirklich kein Hexenwerk, gehört zu den großen Hebeln und spart auch noch Geld.
Das gilt genauso für das Energiesparen in der eigenen Küche, dem letzten „Theorie“-Kapitel. Wobei auch hier die Theorie in viele praktische Empfehlungen mündet, die sich fast alle sofort umsetzen lassen. Wer mehr dazu wissen möchte als in diesem Buch Platz hatte, klickt auf einen der vielen Links, zum Beispiel zum Lagerungs-ABC oder den Stromspar-Tipps der Verbraucherzentrale.
Saisonale Rezepte – vegetarisch, vegan und mit Fleisch
Wie es sich für ein solches Buch gehört (eigentlich für alle Kochbücher, finde ich), sind die Rezepte nach Saison aufgeteilt. Wer sich also im Frühling fragt „was gibt es heute zu essen?“ kann sich durch Rezepte für Spinat, Kohlrabi oder Spargel anregen lassen. Wer sich andersherum fragt „was mache ich bloß mit Endivien oder Roter Bete“, findet dazu passende Ideen. Alle Gerichte kommen mit wenigen gängigen Zutaten aus. Manche enthalten bewusst vegane Alternativen zu Sahne oder Crème Fraîche, um zum Ausprobieren anzuregen.
Besonders gefällt mir, dass zwar sehr wenige, aber eben doch auch Rezepte mit Fleisch dabei sind. Denn pflanzenbasiert oder pflanzenbetont essen bedeutet eben nicht, komplett auf Fleisch verzichten zu müssen oder vegan zu essen. Im Zusatzkapitel „Für jede Jahreszeit“ finden sich mit den „Hackfleisch-Pilz-Buletten“ und einer „Bolognesesoße: wenig Hack, viel Gemüse“ zwei tolle Rezepte, mit denen sich auch eingefleischte Fleischesser für eine klimaschonende Ernährung mit weniger Fleisch begeistern lassen 😉
Fazit
Ich empfehle dieses Buch wirklich allen, die in einer kurzen und kurzweiligen Lektüre verstehen lernen möchten, wie unser Essen mit dem Klima zusammenhängt. Die nach einer Motivation suchen, an ihrem ganz persönlichen Essverhalten zu schrauben, aber nicht auf Genuss verzichten wollen. Und die dafür nicht ungewöhnliche Lebensmittel einkaufen und lange in der Küche stehen möchten. Bisher waren jedenfalls alle Gerichte, die ich nachgekocht habe, gleichzeitig kreativ, unkompliziert und schnell auf dem Tisch.
Melanie-Kirk-Mechtel: So gut schmeckt Klimaschutz
Verbraucherzentrale NRW* (Hrsg.), Oktober 2023
Taschenbuch 192 Seiten
ISBN 978-3863361778
Buch 20,00 Euro / E-Book (PDF): 15,99 Euro
Leseprobe und Bestellmöglichkeit
*Ich bedanke mich bei der Verbraucherzentrale NRW für das kostenlose Rezensionsexemplar.