Energie sparen mit der Kühltasche als Kochkiste

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Linsensuppe Kühltasche

Milchreis oder Linsensuppe in der Kühltasche kochen? Ja, genau! Meine Abwandlung des Prinzips „Kochkiste“ klappt wunderbar, spart Energie und ist eine saubere Sache. Falls ihr keine Kühltasche habt, bastelt euch eine Kochkiste oder einen Kochsack einfach selber. Und dann viel Spaß beim Ausprobieren.

Milchreis für Dummies aus der Kühltasche

Wie bin ich auf die Idee gekommen? Wie so oft im Rahmen einer Recherche für einen Auftrag. Ich hatte zwar schon vom Prinzip der Kochkiste gehört: komplette Gerichte unter 100 Grad Celsius langsam ohne weitere Energiezufuhr garen. Aber ich hatte es noch nie ausprobiert. Das wollte ich ändern. Beim Suchen nach passendem Material zum Bauen stolperte ich stattdessen über unsere alte Kühltasche – original im schönsten Orange aus den 1970ern.

Mein erster Versuch mit Milchreis war ein voller Erfolg. Milchreis kochen ist nämlich nicht so leicht, wie manch einer denkt. Wenn man nicht regelmäßig umrührt oder keinen guten Topf hat, brennt er schnell an. Daher habe ich für die Familie sogar mal eine „Milchreis-Kochanleitung für Dummies“ geschrieben. Die ist mit der Kochkiste überflüssig. Denn mit dieser Methode erübrigt sich das viele Umrühren und brennt nichts an.

Einfach für vier hungrige Mäuler 1,5 Liter Milch zum Kochen bringen, 350 Gramm Milchreis in die kochende Milch geben, gut umrühren, Deckel drauf und ab in Kiste, Sack oder eben die zweckentfremdete Kühltasche. Nach einer Stunde ist der Milchreis fertig und schmeckt wunderbar. Wer mag, kann in der Zwischenzeit arbeiten, faul auf dem Sofa liegen oder sogar draußen rumlaufen. Der Herd ist ja aus und es kann nichts passieren.

Kochkiste für Linsensuppe, Risotto und Gulasch

In weiteren Küchenexperimenten habe ich in meiner Kühltasche mittlerweile Basmati und Hirse als Beilage zum Gemüsecurry gegart. Perfekt! Das Risotto mit Kürbis entsprach nicht so ganz italienischen Ansprüchen an ein Feinschmecker-Risotto. Weil es eben nicht mindestens eine halbe Stunde gerührt und nach und nach mit Gemüsebrühe ergänzt wurde. Aber dazu habe ich eben nicht so oft Zeit und Lust, wie ich Lust auf Risotto habe. Und so war das Ergebnis für mich ein akzeptabler Kompromiss.

Perfekt gelungen ist mir heute eine leckere Linsensuppe. Dazu habe ich in Abwandlung vom verlinkten Rezept eingeweichte Tellerlinsen nach dem Frühstück mit allen weiteren Zutaten zum Kochen gebracht und für drei Stunden in die Kühltasche gestellt. Dann habe ich mich entspannt an den Schreibtisch gesetzt und zur Mittagspause war die Suppe fein und fertig 🙂

Hin und wieder gibt es bei uns mal was mit Fleisch. Als nächstes werde ich daher eine klassische Rindfleisch- oder Hühnersuppe und vielleicht ein Gulasch vom Eifelrind ausprobieren. Solche Gerichte sollen ja stundenlange auf dem Herd „simmern“ und das können sie dann ganz ohne Gasherd in meiner Kühltasche.

Das Prinzip Kochkiste – so alt wie die Menschheit

Das Prinzip der Kochkiste kannte ich bisher als Erfindung des 19. Jahrhunderts. Besonders während der Weltkriege, als Energie knapp war, oder während der Berlinblockade 1948/49, als Strom nur nachts zur Verfügung stand. Auch für Frauen, die nicht mehr „nur“ Hausfrauen waren, sondern als Arbeiterinnen aus dem Haus gingen, war die Kochkiste eine große Hilfe: Morgens kam der Eintopf nach kurzem Aufkochen in die gut isolierte Kochkiste und war abends fertig. Weil ich mehr wissen wollte, habe ich mir das kleine, sehr empfehlenswerte Büchlein „Kochen in der Kiste“ von Margot Fischer gekauft und gelernt: Das Prinzip Kochkiste ist wirklich fast so alt wie die Menschheit: Schon vor 30.000 Jahren und überall auf der Welt garten und garen Menschen mit dieser einfachen Methode fast ohne Energie ihre Speisen.

Die Renaissance von Kochkiste und Kochsack?

Heute stehen Strom oder Gas zum Kochen bei uns zwar (noch) auf Knopfdruck zur Verfügung, aber Ressourcen und Energie sparen sind ein großes Thema – vor allem, wenn es an den eigenen Geldbeutel geht und natürlich, weil wir alle Hebel für mehr Klimaschutz in Bewegung setzen müssen. Daher müsste die Kochkiste eigentlich voll im Trend sein, aber so richtig durchzusetzen scheint sie sich nicht. Zu altmodisch, zu umständlich? Dabei gibt es heute fertige Varianten für jeden Geschmack und Geldbeutel: Eher hochpreisige Thermotöpfe in passender Thermobox. Oder erschwingliche, etwas „öko“ anmutende, bunte Kochsäcke aus Afrika.

Vielleicht lege ich mir doch noch so ein Afrika-Modell zu, weil es hübscher als meine Kühltasche ist. Und weil ich mit dem Kauf die Projekte vor Ort unterstütze. Das habe ich bei Smarticular gelesen. Denn die Menschen dort stellen solche Kochsäcke nicht nur zum Verkauf und Export her, sondern profitieren selber davon – weil Brennmaterial knapp ist und das Kochen mit dem Kochsack keine giftigen Gase erzeugt.

[Update Januar 2024: Ich bin mittlerweile stolze Besitzerin eines solchen Kochsacks und begeistert. Er eignet sich für kleine Töpfe genauso wie für meinen großen  Suppentopf. In dem bereite ich zum Beispiel ganz selten mal eine Rindfleischsuppe zu. Die muss bei kleiner Hitze lange simmern. Oder die dreifache Menge Linsen- oder Erbsensuppe für mehrere Tage.]

DIY-Kochkisten verschenken – nicht nur zu Weihnachten

Wer kein Geld ausgeben möchte oder kann, improvisiert und stellt den Topf zum Beispiel in einen Karton mit Stroh, Wolle oder Styropor. Dabei ist es wichtig, dass alles gut isoliert ist und die Wärme nicht flöten geht. Ich habe auch Anleitungen zum Bauen oder Nähen gefunden. Zum Beispiel bei der Umweltberatung in Wien, beim Gesamtverband Deutscher Holzhandel und in Margot Fischers Buch. Solche „do-it-yourself“-Kochkisten, -säcke oder -kissen sind auch ein prima Geschenke für liebe Leute, finde ich.

7 Kommentare

  1. Andrea sagt:

    Ich kenne vom Hörensagen das Prinzip Bett, gestern mal ausprobiert. Basmati mit Wasser einmal aufkochen, dann ab damit ins Bett. Perfekt.

  2. Margot Fischer sagt:

    Wie schön, dass Du mit einer wunderbaren Originaltasche aus den 70ies kochst und mein Buch entdeckt hast!
    Viel Freude mit meinem Buch!

    Übrigens: Am 18. Januar ist im Radiosender Österreich 1 im »Moment Kulinarium« eine Sendung mit derKochkiste geplant, in der nicht nur ich, sondern auch eine steirische Wirtin über das Prinzip erzählen werden.

    Alles Liebe
    Margot

    1. Gabriela Freitag-Ziegler sagt:

      Danke für den Tipp zur Sendung, liebe Margot

  3. Claudia Wiesemeyer-Paproth sagt:

    Dass der einmal aufgekochte Milchreis im Topf unter die Bettdecke gesteckt wird, das kenne ich auch von meiner Oma. Ich lasse den Topf auf der nach dem Aufkochen auf 0 geschalteten Herdplatte stehen und umwickele und bedecke ihn mit einem Frotteetuch. Das Ergebnis: ein herrlich warmer, schlotziger Milchreis, wenn ich mittags nach Hause komme. Gruß aus Krefeld :))

  4. Susanne N. sagt:

    Das geht auch einfach im Federbett oder sonstige Decken.
    Besonders beim Campen im Schlafsack, wenn man nur eine Flamme hat.
    Not macht erfinderisch.

  5. Gabriela Freitag-Ziegler sagt:

    Spannend, liebe Margot! Mein Onkel, Jahrgang 1934 und gerade 89 Jahre alt geworden, kannte das Prinzip nicht aus der eigenen Familie. Er sei zu jung 😉 Aber er meint, seine Großeltern hätten das vermutlich genutzt.

  6. margot S. sagt:

    Danke, das regt zum „Nachdenken + Nachmachen“ an. Meine Großmutter hat dies auf jeden Fall noch praktiziert (nicht die Kühltasche … sondern die Kochkiste) und ich habe als „Stadtkind“ gestaunt, wie das funktioniert.
    Grüße aus Ostfriesland,
    Margot

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