Rezension „Zukunftsbilder 2045“

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Cover vom Buch Zukunftsbilder 2045

Dieses Buch gehört für mich unter jeden Weihnachtsbaum und auf jeden Geburtstagstisch: „Zukunftsbilder 2045“ zeichnet eine Welt von morgen und erzählt Geschichten, die Hoffnung verbreiten und Mut machen. Keine wilden Phantasien, sondern Visionen für eine runderneuerte Welt, die auf bereits vorhandenen Ideen und Entwicklungen aufbauen.

Über die Kraft positiver Zukunftsbilder

„Die Kraft positiver Zukunftsbilder“ ist auch das Thema des vierten Kapitels. Rückblickend aus dem Jahr 2045 auf unsere Gegenwart heißt es darin: „Eine kriselnde Gesellschaft ohne Visionen und Ziele geht unter. … Hätte es schon zur Jahrtausendwende überzeugende Gesellschaftsvisionen in Filmen und Medien gegeben, dann hätten sich die Menschen schneller umorientiert.“ Stattdessen brauchte es erst eine Abfolge schlimmer Krisen, um Veränderungen im großen Stil anzustoßen: Eine Superdürre, die ab 2018 zehn Jahre lang den globalen Norden mit Trinkwassermangel und Hunger heimsuchte. Einen Finanzcrash im Jahr 2029. Diese und weitere Szenarien werden aber nur nebenbei erwähnt. Denn es geht eben nicht darum, mit Bildern des Grauens zu lähmen, sondern positive Zukunftsbilder als richtungsweisende Leitsterne zu nutzen.

Reise in die Welt von morgen

Um diese Visionen zum Leben zu erwecken, reist die imaginäre Journalistin Liliana Morgentau im Jahr 2045 durch 17 große und kleine Städte. Dort streift sie mit ebensolchen imaginären Akteurinnen und Akteuren des Wandels durch Straßen, Parks, Cafés und Gebäude: In Berlin mit der europäischen Wildnisbeauftragten eines Weltklimaparlaments. In Emden mit einem Schulleiter, der an einer umfassenden Bildungsreform beteiligt war. In Köln mit dem Innovationsbeauftragten des kommunalen Energieversorgers. In Zürich mit der Geschäftsführerin einer Bank für Gemeinwohl. Und so weiter und so fort.

Alle diese Menschen berichten von ihren Erfahrungen beim Umbau von Städten und Strukturen, von großen und kleinen Reformen, von Projekten und Initiativen. Auch Schwierigkeiten und Rückschläge kommen zur Sprache. Letztendlich befindet sich die Welt im Jahr 2045 aber auf einem guten Weg und wurde bereits viel erreicht: Mehr Raum für Natur und Menschen. Mehr Gesundheit, Zufriedenheit und Gemeinschaft. Mehr Mitbestimmung und Mut, die eingeschlagenen Wege weiterzugehen.

Bilder zum Entdecken und Träumen

Wer lieber schaut als liest, darf sich gerne als erstes auf die Bilder konzentrieren. Die „utopischen Visualisierungen“ zeigen Städte mit überbordendem Grün: entsiegelte Betonflächen, begrünte Fassaden und Dächer, unzählige neue Bäume und Sträucher, Wildwiesen und Gemeinschaftsgärten. Auf den neuen Grünflächen am Boden oder auf den Dachgärten stehen Bänke oder Liegestühle zum Ausruhen oder vielleicht auch mobilen Arbeiten. Es gibt jede Menge Spielplätze und Cafés. Viele Menschen sind zu Fuß, mit (Lasten-)Fahrrädern, Segways oder Rollern unterwegs – auch auf neu gebauten Hängebrücken und -wegen quer durch die Stadt. Autos haben ihre vorherrschende Rolle im Stadtbild verloren. Stattdessen sieht man kleine und größere Busse und Bahnen. Und natürlich überall Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern, die nicht anderweitig genutzt werden, oder kleine Windräder.

Die Bilder erinnern mich an die Wimmelbilder, die ich früher mit meinen Kindern angeschaut habe. Sie laden dazu ein, sie immer wieder zur Hand zu nehmen, neue Details zu entdecken und sich darüber auszutauschen. Ich wünsche mir, dass solche Bilder überall in unserem Land die Menschen begeistern. An den Werbeflächen von Bushaltestellen, Hauswänden oder in den großen Bahnhöfen. Würde das die Menschen nicht erst zum Träumen, dann zum Umdenken und vielleicht sogar zum Mitmachen anregen? Ich stelle mir gerade lebhaft vor, wie auf dem Berliner Hauptbahnhof statt der riesigen Werbung für Schokolade so ein Bild wie das vom Buchcover hängt …

Geschichten zum Lernen, Weitersagen, Nachmachen und Mitmachen

Noch mehr Kraft als die Bilder entfalten für mich die 17 Geschichten und imaginären Gespräche. Das liegt nicht nur an der sehr unterhaltsamen Darstellung, sondern an der Menge guter Ideen bzw. Realutopien. Darunter versteht man konkrete, bereits existierende Ansätze und Projekte. Beispiele aus meinem Bereich sind die Planetary Health Diet, Ernährungsräte oder eine regenerative Landwirtschaft.  Andere sind mir völlig neu, weil ich mich beispielsweise nicht mit Bauen oder Fassadenbegrünung auskenne.

Daher kam ich beim Lesen aus dem Staunen nicht heraus und dachte ganz oft: Wow, das gibt es schon oder steckt zumindest in den Kinderschuhen? So erfahre ich im Stuttgart-Kapitel, dass schon heute mit Flachs oder Lehm gebaut wird und es bereits erste Ideen für Pilze als Baustoff gibt. Im München-Kapitel lerne ich dagegen viel über Stadtbegrünung und warum in den Erfolgen nicht nur viel Forschungs- und Züchtungsarbeit für geeignete Pflanzen steckt, sondern auch Pflege. Die leisten im Jahr 2045 zum Beispiel jungen Leute, die ein Freiwilliges ökologisches Jahr absolvieren.

Der Think Tank hinter „Zukunftsbilder 2045“

„Zukunftsbilder 2045“ ist für mich weit mehr als nur ein Buch und das soll es auch sein. Es ist ein Projekt der Reinventing Society. Die beschreibt sich selbst als gemeinnützigen und unabhängigen Think Tank, der Menschen bei Veränderungsprozessen begleiten und die dazu nötigen Zukunftskompetenzen vermitteln möchte. Es wird daher von einem großen Online-Angebot eingerahmt. Dazu gibt es direkt auf der Webseite der Reinventing Society sehr viele Erklärungen und Anleitungen; zum Beispiel eine Toolbox, um eigene Utopien allein oder in der Gruppe zu entwickeln. Ganz großartig finde ich die Utopischen Visuals. Sie zeigen noch mehr Visionen für Städte, Straßen, Gebäude und ein Landleben der Zukunft überall auf der Welt. Und wer mehr über die Motivationen hinter dem Buch oder zu den vielen genannten Beispielen wissen möchte, klickt sich direkt durch die zugehörige Buchwebsite, zum Beispiel die Bibliothek der Realutopien.

Stella SchallerLino ZeddiesUte ScheubSebastian VollmarReinventing Society (Hrsg.): „Zukunftsbilder 2045 – Eine Reise in die Welt von morgen“
ISBN: 978-3-96238-386-2
Hardcover 33 Euro, PDF 25,99 Euro

oekom Verlag, München, 2023

Ich bedanke mich beim Verlag für das kostenlose Rezensionsexemplar.

5 Kommentare

  1. Claudia Eck sagt:

    Gerade im lokalen Bücherladen bestellt 🙂 Danke Gabi für den Geschenketipp. Ich lege es für die ganze Familie untern Weihnachtsbaum. Die Perspektive aus der Zukunft ist für alle Generationen motivierend, unseren Planeten zu erhalten.

  2. Sonja sagt:

    Danke für den Buchtipp zu einer positiven Zukunft. Eine wirkliche tolle Geschenkidee für Weihnachten.
    Ich habe das Buch gerade schon in der Buchhandlung reserviert.
    Frohe Weihnachten und alles Gute für 2024.

  3. Andrea sagt:

    Ich hatte bereits eine Besprechung im Radio gehört und das Buch dann wieder aus dem Kopf verloren. Danke für die Erinnerung.

  4. Nicole sagt:

    Ein toller Buchtipp, liebe Gaby! Dankeschön und frohe Weihnachten.
    Liebe Grüße von
    Nicole

    1. Gabriela Freitag-Ziegler sagt:

      Danke für dein Feedback und dir auch eine gute Zeit, liebe Nicole!

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